Drohende Delistings |
18.04.2022 17:07:00
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Kursrally bei China-Aktien gefährlich? Analysten mahnen zur Vorsicht
Trotz freundlicher Signale aus China droht chinesischen Aktien weiterhin ein Ausschluss von den US-Börsen. Verschiedene Analysten befürchten daher, dass es für die jüngste Erholungsrally eigentlich zu früh war.
• Peking signalisiert Bereitschaft zu mehr Transparenz
• Mehrere Analysten halten Kurs-Rally für verfrüht
Die lockere Geldpolitik der US-Notenbank und die beispiellose Liquidität hat in den letzten Jahren zahlreiche Unternehmen aus China an die US-Börsen gelockt. Inzwischen sind rund 270 Unternehmen mit Muttergesellschaften in China und Hongkong in den USA gelistet. Rasch kam es dabei jedoch zu Spannungen, angeheizt auch durch die Handelspolitik der Trump-Regierung. Doch auch Trumps Nachfolger, US-Präsident Joe Biden, vertritt einen ähnlichen Standpunkt. So fordern die USA nämlich im Sinne des Anlegerschutzes von diesen Unternehmen eine vollständige und faire Offenlegung ihrer Bücher. Doch die Regierung in Peking lehnt dies unter Berufung auf strenge Vertraulichkeitsgesetze und nationale Sicherheitsbedenken ab. Sie will verhindern, dass Unmengen gesammelter Daten zu chinesischen Verbrauchern an die US-Regulierungsbehörden weitergeben werden. Dagegen heisst es aus Washington, die chinesischen Firmen würden die Handelsprivilegien einer Marktwirtschaft geniessen, obwohl sie gleichzeitig Staatshilfen erhalten und intransparent arbeiten.
Im Dezember 2020 verabschiedete der US-Kongress dann parteiübergreifend den sogenannten Holding Foreign Companies Accountable Act (HFCAA). Mit diesem Gesetz wurde die US-Börsenaufsicht SEC aufgefordert, Schlupflöcher zu schliessen, die es chinesischen Unternehmen ermöglichen, US-Inspektoren den Einblick in ihre Bücher zu verwehren. Firmen welche sich drei Jahre in Folge den Anforderungen entziehen, droht nun der Ausschluss von der New Yorker Börse und der NASDAQ. Der SEC-Vorsitzende Gary Gensler hat bereits angekündigt, diese Drei-Jahres-Frist strikt durchzusetzen. Damit könnte es bereits 2024 so weit sein. "Die Uhr tickt", erklärte Gensler.
Peking signalisiert Kompromissbereitschaft
Angesichts des ab 2024 drohenden Zwangs-Delistings trennten sich Anleger in Scharen von chinesischen Aktien. Doch anscheinend will Peking nun den drohenden Ausschluss abwenden und lenkte inzwischen ein. So hat die China Securities Regulatory Commission (CSRC), Chinas oberste Finanzaufsichtsbehörde, im März 2022 verkündet, sie werde die bestehenden Vertraulichkeitsgesetze ändern, da diese veraltet seien. So sollen die US-Behörden nun künftig doch Zugang zu sensiblen Finanzinformationen erhalten. Daraufhin setzte bei den in den USA börsennotierten chinesischen Titeln, insbesondere bei den zuvor arg abgestraften Tech-Aktien, eine beeindruckende Kursrally ein.
Analysten zurückhaltend
Doch womöglich sind die Anleger zu früh in Euphorie verfallen. Diese Sorge äusserten jedenfalls laut dem US-Sender "CNBC" mehrere Analysten.
"Weltweit waren die Investoren womöglich etwas voreilig. Im Moment ist nämlich alles noch sehr, sehr unreif", sagte beispielsweise Shehzad Qazi. "Ich habe den Eindruck, dass derzeit viele Investoren sehr glücklich über die erzielten Fortschritte sind aber dabei missachten, dass noch sehr viel Unsicherheit und Unbekanntes vorherrscht", so der Managing Director bei China Beige Book International. "Ja, es gab jüngst Regel-Änderungen in China und dies scheint ein positiver Schritt nach vorne zu sein. Doch in Wahrheit wissen wir nicht genau, welche Unternehmen die SEC gemäss US-Regeln überprüfen kann". So sei beispielsweise noch immer unklar, ob die grossen Player wie Baidu, Alibaba und Tencent tatsächlich ihre Bücher offenlegen werden.
Ähnlich zurückhaltend äusserte sich laut "CNBC" auch Harvey Pitt, CEO des Beratungsunternehmens Kalorama Partners: "Die chinesische Regierung bemüht sich ganz offensichtlich den Anschein zu erwecken, dass es mehr Transparenz geben wird. Doch der Teufel steckt in den Details", so der ehemalige SEC-Chairman.
Auch Seema Shah rät zur Vorsicht: "Es dürfte wahrscheinlich konkrete Massnahmen zur Stabilisierung des chinesischen Immobilienmarktes erfordern, damit sich diese Rally fortsetzt. Zudem dürften Chinas Null-COVID-Politik und die Ausgangsbeschränkungen kurzfristig den Konsum und die Stimmung belasten, während die Beziehungen zu Russland zur Folge haben, dass die Drohung von US-Sanktionen über den Märkten hängt", warnte die Chefin für Anlagestrategie bei der US-Vermögensverwaltungsgesellschaft Principal Global Investors. "Auch wenn China eine marktfreundliche Haltung einnehmen mag, so ist es trotzdem noch zu früh, um von einem Drachen-Markt-Lauf zu sprechen", so Shah.
Redaktion finanzen.ch
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