Fahrlässige Körperverletzung |
02.01.2025 14:08:00
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Nach Notlandung bei Lufthansa-Tochter Swiss: Staatsanwaltschaft in Österreich ermittelt - Ein Todesopfer - Unbekanntes Fehlerbild - Aktie im Minus
Eine Woche nach der Notlandung eines Swiss-Airbus im österreichischen Graz ist ein Besatzungsmitglied am Montag gestorben, wie die Fluggesellschaft mitteilte.
Aus Rücksicht auf die Angehörigen wollte die Lufthansa-Tochter Swiss nach eigenen Angaben vom Montagabend keine Details zur Todesursache des jungen Mannes machen, der zur Kabinenbesatzung des Fluges LX1885 im Airbus A220 von der rumänischen Hauptstadt nach Zürich gehörte. Seit der Notlandung am Montag vergangener Woche lag er im Spital in Graz auf der Intensivstation. Ein zweites Besatzungsmitglied, das zunächst ebenfalls im Uniklinikum Graz behandelt worden war, konnte das Spital verlassen.
Über die genaue Ursache für die Probleme während des Fluges gab es bislang keine Informationen. Aufgrund der ersten Erkenntnisse sei ein technischer Defekt in einem der Triebwerke als Ursache wahrscheinlich, hiess es von der Swiss lediglich. Die Flugzeug- und Triebwerkhersteller wurden nach Angaben des Schweizer Bundesamtes für Zivilluftfahrt (Bazl) informiert. Aus technischer Sicht waren unmittelbar nach dem Zwischenfall keine Massnahmen angezeigt, wie das Bazl mitteilte.
Der Airbus A220 sei ein sicheres Flugzeug, und die Triebwerke von Pratt & Whitney hätten seit ihrer Indienststellung weltweit über 36 Millionen Flugstunden gesammelt, betonte die Swiss. Sie vertraue diesen Triebwerken und werde auch weiterhin Flüge mit dem A220 durchführen.
Der Flugzeugtyp hatte allerdings in der Vergangenheit wiederholt Triebwerkprobleme aufgewiesen. Bei Vorfällen waren unter anderem wegen einer Fehlfunktion Teile des Triebwerks nach aussen geschleudert worden. Die Vorfälle sorgten für temporäre Einsatzstopps, von denen auch die Swiss betroffen war.
Ermittlungen wegen Körperverletzung
Die Staatsanwaltschaft Graz leitete unterdessen Ermittlungen wegen möglicher fahrlässiger Körperverletzung ein. Das Ermittlungsverfahren dient zur Klärung der Unglücksursache, wie ein Sprecher der Staatsanwaltschaft Graz der Nachrichtenagentur APA am Montag auf Anfrage sagte.
Demnach soll ein Flug-Sachverständiger feststellen, weshalb es in der in Bukarest gestarteten Maschine zu derart starker Rauchentwicklung kam, dass ein Flugabbruch notwendig war. Ermittelt werde derzeit wegen fahrlässiger Körperverletzung, wobei die strafrechtliche Endbeurteilung wesentlich von den Ergebnissen des Sachverständigen-Gutachtens abhänge, sagte der Behördensprecher.
Unbekanntes Fehlerbild
Nach der Notlandung eines Swiss-Flugzeugs in Graz und dem Tod eines Crew-Mitglieds läuft die Untersuchung zum Vorfall auf Hochtouren. Erste Analysen deuten auf ein "bisher unbekanntes Fehlerbild" an einem Triebwerk hin, schrieb die Swiss in einer internen Mitteilung.
Eine Swiss-Sprecherin bestätigte der Nachrichtenagentur Keystone-SDA am Dienstag den Inhalt des Memos. Darin hiess es, der Motor der Kurzstreckenmaschine vom Typ A220-300 habe "plötzlich und unerwartet versagt".
Das betroffene Triebwerk wird laut der Sprecherin in Graz demontiert und in die USA gebracht. Dort soll es durch den Hersteller Pratt & Whitney zusammen mit den Behörden untersucht werden.
In dem Memo hiess es, dass der Triebwerk-Hersteller und die Behörden betont hätten, dass kein "grundsätzliches, sicherheitsrelevantes Problem vorliegt". Die übrige A220-Flotte der Swiss blieb nach dem Zwischenfall in Betrieb.
Folgenreichster Zwischenfall der Firmengeschichte
Es ist der bislang folgenreichste Zwischenfall in der 23-jährigen Firmengeschichte der Swiss: Ein Airbus A220 war vor einer Woche mit 74 Passagieren und fünf Besatzungsmitgliedern auf dem Weg von Bukarest nach Zürich. Der Jet musste wegen Triebwerkproblemen und Rauchs im Cockpit und in der Kabine in Graz notlanden.
Ein Crew-Mitglied wurde während des Fluges schwer verletzt, kam auf die Intensivstation und starb eine Woche später im Spital. Insgesamt wurden zwölf Passagiere und vier Crew-Mitglieder vorübergehend ärztlich betreut.
Die Fluggesellschaft sprach in der Todesnachricht vom Montagabend von einem "schwarzen Tag". Swiss-CEO Jens Fehlinger sprach der Trauerfamilie sein Beileid aus. "Wir tun alles in unserer Kraft stehende, um ihnen in diesen äusserst schweren Stunden beizustehen."
"Unfassbar traurig"
"Als Swiss haben wir ein Ziel immer ganz zuoberst: unsere Gäste und unsere Crews sicher und gesund ans Ziel und auch wieder nach Hause zu bringen", sagte Swiss-Betriebschef Oliver Buchhofer in einer Videobotschaft. Bei dem einen Kollegen "ist uns das nicht gelungen. Ich bin unfassbar traurig und tief betroffen".
Man arbeite mit Hochdruck dran, die Gründe für den Zwischenfall zu finden. "Im Moment wissen wir nicht, was genau auf Flug LX1885 passiert ist", sagte Buchhofer. "Wir werden die Antworten finden."
Die Staatsanwaltschaft in Österreich leitete ein Ermittlungsverfahren ein. Sie ordnete eine gerichtsmedizinische Obduktion des verstorbenen Crew-Mitglieds an, wie die Landespolizeidirektion Steiermark mitteilte. Ein Flug-Sachverständiger soll die Ursache der starken Rauchentwicklung und des damit einhergehenden Flugabbruchs eruieren.
Auch Schutzausrüstung im Fokus
Die Behörden wollen auch verstehen, was zu den tödlichen Verletzungen des Crew-Mitglieds führte. Man prüfe dabei "auch mögliche Zusammenhänge mit der Schutzausrüstung, welche die Kabinenbesatzung trug", zitierte das Branchenportal Aerotelegraph aus einem Schreiben der Swiss. Auch der Verstorbene habe eine solche Haube getragen, die den Benutzenden mit Sauerstoff versorgt, um eine Kontamination der Lunge durch Rauch zu verhindern.
Swiss hatte im Oktober 2023 bekannt gegeben, ihre bisherige Schutzausrüstung auszutauschen. Diese sei teilweise fehlerhaft gewesen, hiess es damals.
Eine Passagierin hatte nach der Notlandung in Graz von dramatischen Momenten an Bord berichtet. "Es war ein seltsames Geräusch, sehr viel Rauch und die Leute konnten nicht atmen. Ich wusste nicht, was passiert war", sagte sie der österreichischen "Kleinen Zeitung" in einem Videointerview. Der Flugkapitän habe dann gesagt, dass er eine Notlandung machen müsse. Andere Passagiere hätten eine Explosion und Feuer am Triebwerk gesehen.
Schon früher Probleme mit Triebwerken
Die betroffene Flugzeugreihe des Typs Airbus A220 hat in der Vergangenheit wiederholt Triebwerksprobleme aufgewiesen. Die Vorfälle sorgten unter anderem für temporäre Einsatzstopps, von denen auch die Swiss betroffen war.
Die Lufthansa-Tochter setzt 30 Maschinen des Kurzstreckenjets ein, 21 in der Lang- und 9 in der Kurzversion. Die längere Ausführung verfügt über 145 Sitzplätze und hat eine Reichweite von gut 6000 Kilometer. Der Treibstoffverbrauch ist gegenüber vergleichbaren Flugzeugen bis zu einem Viertel tiefer. 2016 gingen sie erstmals in den Dienst.
Die Swiss erklärte in einer Stellungnahme, der Airbus A220 sei ein sicheres Flugzeug, und die Triebwerke von Pratt & Whitney hätten seit ihrer Indienststellung weltweit über 36 Millionen Flugstunden gesammelt. Sie vertraue diesen Triebwerken und werde auch weiterhin Flüge mit dem A220 durchführen.
Die Lufthansa-Aktie verliert via XETRA zwischenzeitlich 0,49 Prozent auf 6,15 Euro.
Zürich/Graz (awp/sda/apa)
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