Alzheimer-Forschung |
14.11.2022 17:56:00
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Roche-Aktie verliert: Ziele bei wichtiger Alzheimer-Studie nicht erreicht - Auch MorphoSys meldet Misserfolg mit Gantenerumab
Alzheimer gilt bis heute als eine riskante Wette in der Forschung. Das hat an diesem Montag auch der Pharmakonzern Roche zu spüren bekommen.
So führte eine Behandlung mit Gantenerumab bei den betroffenen Patienten nicht zu einer Verlangsamung der Krankheit. Auch der Grad der Beta-Amyloid-Entfernung, der für Alzheimer typischen Ablagerungen im Hirn, sei geringer als erwartet ausgefallen.
Dennoch werde Roche sich weiterhin gegen Alzheimer engagieren, "eine der komplexesten neurologischen Erkrankungen und eine grosse Herausforderung für die öffentliche Gesundheit", wie es in der Mitteilung hiess. Roche werde demnach weiter an der Entwicklung und Bereitstellung von Tests für eine frühzeitige und genaue Alzheimer-Diagnose arbeiten und verfüge über eine Pipeline von Prüfmedikamenten für verschiedene Angriffspunkte, Arten und Stadien der Krankheit.
Hoffnungen zunichte gemacht
Die Nachricht dürfte dennoch erst einmal enttäuscht aufgenommen werden. Denn auch wenn Analysten immer wieder betont hatten, dass sie die Erfolgschancen dieser Studie für sehr gering halten, hatte sich zuletzt etwas Hoffnung am Markt breitgemacht. Grund dafür waren die Konkurrenten Biogen/Eisai, die kürzlich mit einem ähnlichen Ansatz in einer Studie erstmals positive Ergebnisse und damit einen Durchbruch erzielt hatten.
Wie steinig die Alzheimer-Forschung bislang war, zeigen ein paar Zahlen. Laut CS-Analyst Lorenzo Biasio wurden seit 1995 mehr als 42,5 Milliarden US-Dollar an privaten Ausgaben in Forschungs- und Entwicklungsprojekte für Alzheimer gesteckt, an denen fast 185'000 Patienten beteiligt waren. Unter normalen Umständen hätte dies ausgereicht, um etwa zwei Dutzend Medikamente zu entwickeln, so der Analyst.
Die Pharmabranche steht beim Thema Alzheimer unter grossem Druck. Berechnungen der Organisation Alzheimer's Disease International zufolge könnten bis 2050 weltweit 139 Millionen Menschen an Alzheimer erkranken. Bereits heute sind etwa 55 Millionen von dieser verheerenden Krankheit betroffen. Zudem könnten sich die weltweiten Krankheitskosten bis 2030 auf rund zwei Billionen US-Dollar verdoppeln.
Auch MorphoSys meldet Misserfolg mit Gantenerumab bei Alzheimer-Studie
Der Biotechkonzern MorphoSys hat mit seinem monoklonalen Antikörper Gantenerumab einen Misserfolg bei der Behandlung von Alzheimer erlitten. Zwei klinische Studien zur Untersuchung von Gantenerumab bei früher Alzheimer-Erkrankung (AD) haben ihren primären Endpunkt, die Verlangsamung des klinischen Krankheitsverlaufs, nicht erreicht, wie der Lizenzpartner Roche mitteilte.
In den Phase-3-Studien Graduate 1 und 2 war der Abbau von Beta-Amyloid, dem Protein, das sich zu Plaques im Gehirn von Menschen mit Alzheimer-Krankheit ablagert, den Angaben zufolge geringer als erwartet. Gantenerumab sei gut vertragen worden, einschliesslich der subkutanen Verabreichung.
Im Rahmen des Graduate-Programms wurde Gantenerumab bei Menschen mit leichter kognitiver Störung (mild cognitive impairment - MCI) aufgrund einer Alzheimer-Erkrankung oder einer leichten Alzheimer-Demenz über einen Zeitraum von 27 Monaten untersucht.
Der Antikörper werde in Lizenz vom Schweizer Pharmariesen Roche klinisch entwickelt und nach einer eventuellen späteren Zulassung auch vermarktet. MorphoSys hätte dann Anspruch auf erfolgsabhängige Meilensteinzahlungen und auf gestaffelte Tantiemen zwischen 5,5 und 7,0 Prozent der möglichen Gantenerumab-Nettoumsätze. 60 Prozent der Tantiemen bekäme allerdings das Unternehmen Royalty Pharma, das MorphoSys nach einer Finanzvereinbarung im vergangenen Jahr Milliarden zur Verfügung stellt, damit sich das Biotech- zu einem Biopharma-Unternehmen entwickeln kann.
Roche-Bons sacken wegen Alzheimer-Enttäuschung ab
Beim Pharmakonzern Roche geben zum Wochenstart sowohl die Genussscheine als auch die Inhaberaktien im frühen Handel klar nach. Grund dafür sind die am Morgen veröffentlichten Daten aus dem Alzheimer-Programm. Obwohl das Programm als eine riskante Wette galt - Erfolge in der Alzheimer-Forschung sind rar -, macht sich am Markt erst einmal Enttäuschung bemerkbar.
Letztlich sackten die Genussscheine an der SIX um 3,98 Prozent auf 312,65 Franken ab. Doch nicht nur Roche litten unter den Ergebnissen.
Auch für Lonza ging es in Zürich schlussendlich überdurchschnittliche 2,68 Prozent auf 508,60Franken nach unten. Hier hatte der Markt im Falle guter Ergebnisse auf eine erhöhte Nachfrage nach biologischen Kapazitäten in der gesamten Zuliefererbranche spekuliert. Am deutlichsten aber sackten via XETRA die deutschen MorphoSys-Aktien ab: Sie fielen bis zum Handelsende sogar um 29,21 Prozent auf 14,80 Euro. Das deutsche Biotechunternehmen ist Lizenzpartner von Roche bei diesem Alzheimer-Kandidaten.
Die ersten Analystenreaktionen reichen von leicht enttäuscht bis regelrecht froh, dass nun Klarheit herrsche. Die Schlagzeilen machten klar, dass das Produkt (in seiner jetzigen Form) tot sei und die am 30. November erwarteten detaillierten Daten nicht mehr von grosser Bedeutung sein werden, heisst es etwa bei Bernstein.
Die zuständige Analystin von Barclays ergänzt, dass die Nachricht vor allem der Stimmung einen Dämpfer verpassen dürfte. Ähnlich sieht es ein weiterer Experte: Er könne sich vorstellen, dass die heutige Marktreaktion erst einmal von einer gewissen Übertreibung gekennzeichnet sein wird. Die 300-Franken-Marke beim GS könnte durchaus getestet werden, heisst es auch aus dem Handel.
Gleichzeitig stellen zahlreiche der Experten heraus, dass die Pipeline von Roche so umfangreich sei, dass diese Daten zwar enttäuschten, der Blick aber schon bald wieder auf die anderen Kandidaten gerichtet sein dürfte. Bei der ZKB heisst es, dass der Kursrückgang vielmehr eine Handelsgelegenheit sei.
Roche hat am Morgen mitgeteilt, mit seinem Kandidaten Gantenerumab die Krankheit nicht wie erhofft verlangsamt zu haben. Nachdem die Konkurrenten Eisai und Biogen mit einem ähnlichen Ansatz zuletzt Erfolge erzielt hatten, war die Erwartungshaltung an die ausstehenden Roche-Daten gestiegen.
Voraussichtlich dürfte es in den nächsten Tagen Kurszielsenkungen hageln, da zahlreiche Analysten den Kandidaten in ihren Modellen berücksichtigt hatten - wenn auch mit einer eher geringen Erfolgswahrscheinlichkeit.
BASEL/ZÜRICH (awp) /FRANKFURT (Dow Jones)
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