Mehr als 100 Jahre Tradition |
10.11.2023 06:38:00
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Die Geschichte von Boeing - ein Luftfahrtriese im Fokus
Der amerikanische Megakonzern Boeing blickt auf eine mehr als 100-jährige Geschichte zurück. Alles begann allerdings nicht in Amerika, sondern im sauerländischen Hohenlimburg.
• Milliardenstrafe nach Flugzeugabstürzen
• Boeing kämpft mit hohen Produktionskosten und Zulieferer-Problemen
Die Geschichte des Boeing-Konzerns begann 1846 mit der Geburt von Wilhelm Böing in Hohenlimburg, der 1868 in die USA auswanderte. Sein Sohn, der US-amerikanische Flugzeugkonstrukteur und Begründer der Boeing-Flugzeugwerke, William E. Boeing, gründete 1916 die Pacific Aero Products Company und legte damit den Grundstein für den weltweit zweitgrössten Hersteller für Luft- und Raumfahrttechnik: The Boeing Company.
Nach der Corona-Krise und hohen Strafzahlungen aufgrund zweier Flugzeugabstürze stand der Flugzeug- und Rüstungskonzern Boeing vor Schwierigkeiten: Hohe Produktionskosten und Zulieferer-Probleme belasteten die Geschäftsergebnisse. Dennoch blickt der Weltkonzern, der in seiner über 100-jährigen Geschichte schon so manche Krise überstand, zuversichtlich nach vorne.
Die Geschichte von Boeing
William E. Boeing wurde 1881 in Detroit geboren. Nach dem Tod seines Vaters erbte er dessen riesiges Holzimperium und einen stattlichen Grundbesitz. Seine Schulausbildung absolvierte er sowohl in den USA als auch in einem schweizerischen Internat. Anschliessend besuchte er die amerikanische Eliteuniversität Yale, die er ohne Abschluss wieder verliess. Er stieg in das Holzverarbeitungs-Unternehmen seines Vaters ein und erwarb auf diesem Weg wichtige Kenntnisse über die Eigenschaften von Holz, welche ihm bei seiner späteren Leidenschaft, dem Flugzeugbau, hilfreich waren. Die finanzielle Unabhängigkeit erlaubte Boeing, seinen Traum zu erfüllen: Er lernte fliegen und kaufte sich ein eigenes Flugzeug.
1916 gründete Boeing mit einem befreundeten Ingenieur die Pacific Aero Products Company, die ein Jahr später zur Boeing Airline Company umbenannt wurde. Nachdem die USA 1917 dem Ersten Weltkrieg beigetreten waren, vergab das Militär einen Auftrag zur Lieferung mehrerer Schulungsflugzeuge. Diesen Auftrag konnte sich Boeing mit dem Model C sichern. Nachdem das Unternehmen durch die Zusammenarbeit mit der US-Navy zunächst wachsen konnte, drohte nach Ende des Ersten Weltkrieges die Pleite. Aus diesem Grund verkleinerte William E. Boeing das Unternehmen wieder und konzentrierte sich zunächst stärker auf Passagier-, Fracht- und Postflugzeuge.
Erste Fluglinien und ein Luftpost-Skandal
Nachdem Boeing mit dem Postflugzeug Model 40A und dem Passagierflugzeug Model 80 erste Erfolge feiern konnte, gründete sich 1927 die erste Fluglinie mit der Bezeichnung Boeing Air Transport. Nach einigen Fusionen und Zukäufen gründete Boeing 1931 dann die United Air Lines, unter deren Namen Passagier- und Postflüge angeboten wurden.
Doch der erste Skandal liess nicht lange auf sich warten. 1934 sah sich das Unternehmen dem Vorwurf ausgesetzt, ein Monopol gebildet zu haben. Im sogenannten Luftpost-Skandal musste die vor wenigen Jahren gegründete Gesellschaft in die Firmen Boeing Airplane Company, United Aircraft Company und United Air Lines aufgeteilt werden.
Nach diesem Skandal zog sich der Gründer William E. Boeing aus dem Unternehmen zurück und widmete sich verschiedenen Tätigkeiten, wie der Pferdezucht oder Immobiliengeschäften. Er verstarb 1956 an einem Herzinfarkt.
Der zweite Weltkrieg und viele neue Modelle
Mit rund 800 Beschäftigten war Boeing 1928 einer der grössten Flugzeughersteller Amerikas. Während des Zweiten Weltkriegs konnte der Konzern die US-Luftwaffe vor allem mit der Boeing 299, auch bekannt unter der Bezeichnung B-17, überzeugen. Das Flugzeug hatte eine Reichweite von rund 2.900 Kilometern bei normaler Beladung und zudem eine für damalige Verhältnisse enorme Nutzlast. Eine maximale Bombenzuladung von 5.800 Kilogramm und eine zehn Mann starke Besatzung fügten Deutschland während des zweiten Weltkrieges enorme Schäden zu. Insgesamt baute Boeing bis Kriegsende über 12.700 B-17-Flugzeuge und leistete damit einen grossen Beitrag zum Sieg der Alliierten über Deutschland.
Neben 3.970 Stück der B-29 "Superfortress"-Bomber und dem Verkehrsflugzeug Stratoliner sowie dem Luxus-Flugboot Clipper wurde auch die Douglas C-47 bei Boeing vom Band gelassen. Die Douglas C-47 erlangte in Deutschland vor allem wegen ihrer Bezeichnung als "Rosinenbomber" während der Berliner Luftbrücke grosse Bekanntheit und versorgte das durch die Sowjetunion blockierte West-Berlin mit Lebensmitteln und anderen wichtigen Gütern.
Boeing liefert an die deutsche Lufthansa
1960 erhielt die deutsche Lufthansa als erste Fluggesellschaft ein Modell der Boeing 737-100-Flugzeuge. Nach Ende der Ölkrise in den Siebzigerjahren gelang es, den Flugverkehr auch für die breite Masse zugänglich zu machen. Boeing konnte sich auf dem Flugzeugmarkt gegen einige Konkurrenten durchsetzen und übernahm 1997 das Unternehmen McDonnell Douglas. Damit brachte sich Boeing sowohl im Rüstungssektor als auch an der Börse in eine bessere Position. In Europa entstand mit Airbus allerdings ein neuer grosser Konkurrent.
Boeing in der Krise
Nachdem zwei Flugzeuge der Baureihe 737 Max im Oktober 2018 und März 2019 abgestürzt waren, gerieten Boeing und die US-Luftfahrtaufsicht FAA stark in die Kritik. Als Ursache gilt eine fehlerhafte Steuerungssoftware, was dazu führte, dass insgesamt 346 Menschen bei diesen zwei Abstürzen starben. Für Boeing entpuppte sich dieser Skandal als ein wirtschaftliches Desaster und hatte enorme Auswirkungen auf das Image des Konzerns. Rund 200 737-Max-Flugzeuge mussten aufgrund des zwischenzeitlich erlassenen Start- und Verkaufsverbots zwischengelagert werden. Erst im November 2021 hoben die Aufsichtsbehörden nach anderthalb Jahren das Startverbot für die 737 Max auf.
Anfang Januar 2021 verurteilte das US-Justizministerium den US-Luftfahrtriesen ausserdem zu einer Strafzahlung von über 2,5 Milliarden US-Dollar. Neben der von der Justizbehörde auferlegten Strafe, soll der Grossteil der Strafzahlungen Fluggesellschaften, die als Kunden von Boeing geschädigt wurden, und einem Entschädigungsfonds für die Angehörigen der Absturzopfer zufliessen. Auf diese Konsequenzen reagierte der Konzern mit Sparmassnahmen und senkte die Mitarbeiteranzahl von rund 160.000 Anfang 2020 auf rund 142.000 im Jahr 2021. Im Jahr 2022 legte die Börsenaufsicht Boeing ein weiteres Strafverfahren um seinen Unglücksflieger mit der Zahlung eines Bussgelds in Höhe von 200 Millionen US-Dollar bei: Boeing habe die Anleger in die Irre geführt, indem sie diesen trotz ernsthafter Bedenken die Sicherheit der 737 Max zugesichert habe.
Im Geschäftsjahr 2022 überraschte Boeing die Analysten der Wall Street mit unerwarteten Verlusten, die der Flugzeugriese den hohen Produktionskosten zuschrieb. Boeing versuchte sowohl den verbleibenden Rückstand an 737-Max-Jets als auch die Auslieferungen der 787-Dreamliner zu erhöhen - die Produktion der 787 bleibt jedoch unter den normalen Raten. "Wir haben immer noch ein paar zu viele Unterbrechungen in unseren Linien [...] da wir auf Engpässe in der Lieferkette stossen", erläuterte CEO Dave Calhoun in einer Pressemitteilung an die Investoren.
Boeing setzt auf Nachhaltigkeitstechnologien
Langfristig hat sich Boeing einen neuen Fokus gesetzt: Nachhaltigkeit. Neben den kontinuierlich steigenden Produktionsraten investiere Boeing verstärkt in Mitarbeiter, Produkte und Technologien. Mithin erweitere der Weltkonzern sein ecoDemonstrator-Programm, um neue Nachhaltigkeitstechnologien zu testen und das Branchenziel, bis 2050 Netto-Null-Emissionen zu erreichen, zu verwirklichen, erläuterte Stan Deal, Präsident und CEO von Boeing Commercial Airplanes, in einer Pressemitteilung. Damit investiere das Unternehmen gezielt in Innovationen, die den Treibstoffverbrauch, die Emissionen und die Lärmbelastung seiner Produkte reduzieren. Unter anderem plane das Unternehmen zusammen mit der NASA, United Airlines und der DLR Testflüge mit nachhaltigem Kraftstoff zu starten, heisst es in einer weiteren Pressemitteilung. Durch die Testflüge möchte das branchenübergreifende Team herausfinden, wie moderne Treibstoffe und Triebwerke sowie andere technologische Lösungen, zur Verringerung von Emissionen und der Klimawirkung von Kondensstreifen beitragen können.
Redaktion finanzen.ch
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