Keine Erholung |
10.07.2023 15:51:00
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Evonik-Aktie nahe Nulllinie: Ausblick nach schwachem Quartal reduziert
Der Spezialchemiekonzern Evonik hat seinen Jahresausblick nach einem schwachen zweiten Quartal gesenkt und auf die bislang ausgebliebene wirtschaftliche Belebung verwiesen.
Auf Basis vorläufiger, noch ungeprüfter Zahlen erreichte das bereinigte Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (EBITDA) 430 Millionen bis 450 Millionen Euro, nach 728 Millionen im Vorjahresquartal. Laut einem Von Vara Research erstellten Konsens von Analystenschätzungen lieg die aktuelle Markterwartung bei 448 Millionen Euro. Der Konzernumsatz lag bei knapp 4 Milliarden Euro. Laut Konsensus wird ein Umsatz in Höhe von 4,081 Millionen Euro erwartet.
Für das Gesamtjahr 2023 erwartet Evonik nun ein bereinigtes EBITDA in der Spannbreite von 1,6 bis 1,8 Milliarden Euro, statt bisher 2,1 bis 2,4 Milliarden Euro, wobei das Unternehmen zuletzt lediglich das untere Ende anvisiert hatte. Der Umsatz werde nun zwischen 14 und 16 Milliarden Euro statt 17 bis 19 Milliarden Euro gesehen. Beim Free Cashflow erwartet Evonik dementsprechend, dass sich die Cash Conversion Rate nach wie vor in Richtung eines Zielwertes von 40 Prozent entwickelt (2022: 32 Prozent), ein absolut höherer Free Cashflow als der Vorjahreswert von 785 Millionen Euro werde - anders als bislang erwartet - jedoch mit dem niedrigeren operativen Ergebnis nicht zu erreichen sein.
Die endgültigen Geschäftszahlen für das zweite Quartal 2023 will Evonik wie geplant am 10. August veröffentlichen.
So reagieren Analysten und die Evonik-Papiere
Das schwache wirtschaftliche Umfeld setzt den Spezialchemiekonzern Evonik weiter unter Stress. Weil das Management um Chef Christian Kullmann nach einem schwachen zweiten Quartal auch im Rest des Jahres nicht mehr mit Besserung rechnet, dampften die Essener ihre Geschäftsprognosen am Montag spürbar ein. "Im Laufe des ersten Quartals hatte es in unseren Geschäften Anzeichen für eine Erholung im weiteren Jahresverlauf gegeben", sagte Kullmann laut Mitteilung. "Leider ist diese Erholung im Mai und Juni um einiges schwächer ausgefallen, als wir erwartet hatten." Die Aktie schwankte im Zuge des gesenkten Ausblicks, zuletzt lag sie 0,11 Prozent im Minus bei 17,72 Euro.
Evonik reihe sich in die lange Liste europäischer Chemiekonzerne ein, die unter den schwachen Bedingungen litten, schrieb Analyst Chris Counihan von der Investmentbank Jefferies. Baader-Bank-Experte Konstantin Wiechert hatte eigenen Angaben zufolge bereits mit einer Gewinnwarnung gerechnet. Allerdings fielen die gestutzten Ziele nun noch schwächer aus als von ihm ohnehin befürchtet.
Die gesamte Chemieindustrie bekam vor allem nach dem Jahreswechsel eine Zurückhaltung der Kunden zu spüren, die wegen der Wirtschaftsflaute sowie prall gefüllter Lager weniger bestellten. Nun plant Kullmann nur noch einen um Sondereffekte bereinigten Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen zwischen 1,6 und 1,8 Milliarden Euro ein. Bisher hatte Evonik noch das untere Ende der alten Spanne von 2,1 bis 2,4 Milliarden Euro angepeilt.
Evonik erwartet auch über das zweite Halbjahr eine anhaltend schwache Nachfrage ohne jegliche wirtschaftliche Erholung, wie es hiess. Den Jahresumsatz taxiert der Konzern jetzt auf 14 bis 16 Milliarden Euro nach zuvor 17 bis 19 Milliarden.
Die Nachfrage blieb im zweiten Quartal über alle Endmärkte hinweg sehr schwach, der Lagerabbau bei den Kunden setzte sich fort. Insgesamt verharrten die verkauften Mengen auf dem sehr niedrigen Niveau des Vorquartals. Zwar konnte Evonik das operative Ergebnis laut vorläufigen Zahlen gegenüber den drei Monaten zu Beginn des Jahres mit 430 bis 450 Millionen Euro voraussichtlich leicht steigern. Das wäre gegenüber dem Vorjahreszeitraum (728 Mio Euro) aber ein Minus von bis zu gut 40 Prozent. Allerdings hatten Experten auch nur mit 448 Millionen gerechnet.
Dabei stützten laut Unternehmensangaben die eingeleiteten Sparbemühungen. In der zweiten Jahreshälfte 2022 hatte das Unternehmen den Rotstift bei den Kosten angesetzt: Frei werdende Stellen werden nicht nachbesetzt, externe Dienstleister sollen sparsamer beauftragt werden und bei den Reisekosten zieht Evonik ebenfalls die Zügel straffer. Nach den ersten sechs Monaten kappt Finanzchefin Maike Schuh nun erneut die Investitionsausgaben, die statt 900 Millionen Euro nur noch 850 Millionen Euro betragen sollen. So will die Managerin die Auswirkungen auf den freien Mittelzufluss (Free Cashflow) im Rahmen halten. Dafür werden weitere Projekte verschoben und auch Kürzungen vorgenommen.
Die schwache Nachfrage liess in den Monaten April bis Juni den Umsatz auf knapp unter 4 Milliarden Euro fallen - ein Jahr zuvor hatte Evonik noch 4,8 Milliarden Euro an Erlös verbucht. Analysten hatten laut dem Unternehmen etwas mehr Geschäft erwartet. Den vollständigen Quartalsbericht legt das Unternehmen am 10. August vor.
Vor allem in den Sparten für Nahrungsmittelwirkstoffe (Nutrition & Care) sowie für innovative Materialien (Smart Materials) lief es schlechter. Im Nahrungsmittelgeschäft fielen die Preise für das Tierfuttereiweiss Methionin weiter leicht - allerdings sei für das dritte Quartal eine stabilere Situation abzusehen, hiess es. Bei den Innovationsmaterialien belastete ein geplanter Wartungsstillstand beim Kunststoff Polyamid, ab Juli stünden nun aber sowohl die erste als auch die neue zweite Anlage zur Verfügung.
FRANKFURT (Dow Jones / awp international)
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