Bericht veröffentlicht |
02.10.2020 15:57:00
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Kommt der digitale Euro? Europas Währungshüter beginnen Testphase
Europas Währungshüter treiben ihre Arbeiten an einer digitalen Version des Euro voran.
"Die Menschen in Europa bezahlen, sparen und investieren immer häufiger auf elektronischem Weg. Unsere Aufgabe ist es, das Vertrauen in unsere Währung zu sichern. Deshalb müssen wir dafür sorgen, dass der Euro für das digitale Zeitalter gerüstet ist", begründete die Präsidentin der Europäischen Zentralbank (EZB), Christine Lagarde, am Freitag die Pläne. "Wir sollten darauf vorbereitet sein, einen digitalen Euro einzuführen, sollte dies erforderlich werden."
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Jetzt informierenEin digitaler Euro wäre eine Antwort auf privatwirtschaftliche Initiativen wie Bitcoin oder das massgeblich von Facebook getragene Projekt Libra. Der grosse Unterschied: Im Gegensatz zu anderen Kryptowährungen stünde ein digitaler Euro unter Aufsicht einer Zentralbank, die die Stabilität der Währung sichert.
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"Die Einführung eines digitalen Euro kann in verschiedenen Szenarien erforderlich sein, etwa wenn die Menschen nicht mehr mit Bargeld zahlen wollen, oder in extremen Situationen wie Naturkatastrophen oder Pandemien, in denen andere herkömmliche Zahlungsdienstleistungen nicht mehr funktionieren", erläuterte EZB-Direktoriumsmitglied Fabio Panetta in einem am Freitag veröffentlichten Gastbeitrag.
Schon vor der Corona-Krise hatte sich der Trend zum Bezahlen ohne Scheine und Münzen in Deutschland und im Euroraum verstetigt. 98 Milliarden Zahlungen im Währungsraum der 19 Staaten im Gesamtwert von gut 162 Billionen Euro wurden 2019 nach EZB-Angaben bargeldlos abgewickelt. Das waren 8,1 Prozent mehr als ein Jahr zuvor. Die Pandemie sorgte für einen weiteren Schub bei digitalen Bezahlverfahren.
"Ein digitaler Euro würde uns auch davor bewahren, dass staatliche oder privatwirtschaftliche digitale Zahlungsmittel, die aus Ländern ausserhalb des Euroraums stammen oder von dort kontrolliert werden, bestehende Zahlungsmittel weitgehend verdrängen", führte Panetta weiter aus.
Finanzaufseher befürchten, dass Libra Geldwäsche, Terrorfinanzierung und Steuerhinterziehung erleichtert. Facebook hatte dagegen betont, das Projekt solle den bargeldlosen Zahlungsverkehr vor allem in Schwellenländern vereinfachen, wo es kein flächendeckendes Bankensystem gebe. Technisch können digitale Währungen zum Beispiel auf Basis einer sogenannten Blockchain funktionieren - also über eine Kette von Datenblöcken, die sich mit jeder Transaktion ausbaut.
Zentralbanken wollen mit ihren Initiativen zudem ihr Geldmonopol verteidigen. Auch andere Notenbanken weltweit beschäftigen sich mit digitalem Zentralbankgeld. Vergleichsweise weit vorangeschritten ist in Europa das Projekt "E-Krona" der schwedischen Zentralbank, denn in dem skandinavischen Land wird Bargeld kaum noch genutzt. China arbeitet schon länger an der digitalen Variante seiner Währung Renminbi.
Die EZB erklärte, eine elektronische Form von Zentralbankgeld könnte von der breiten Bevölkerung genutzt werden - genauso wie Bargeld, nur in digitaler Form. Europas Währungshüter versicherten, ein digitaler Euro wäre eine Ergänzung zum Bargeld, kein Ersatz: "In jedem Fall wird das Eurosystem auch weiterhin Bargeld ausgeben."
Der Bundesverband deutscher Banken (BdB) begrüsste die EZB-Initiative grundsätzlich. Der digitale Euro sei "ein Zukunftsthema mit höchster Bedeutung für die Sicherheit und Stabilität der europäischen Finanzmärkte", sagte BdB-Hauptgeschäftsführer Andreas Krautscheid. Es seien aber "noch hochrelevante Fragen zu klären". Im Fall der Ausgabe eines digitalen Euro müssten Banken eine zentrale Rolle spielen.
"Ich begrüsse es, dass die EZB nun entschieden bei der Entwicklung eines digitalen Euro vorangeht", erklärte der Grünen-Finanzpolitiker Danyal Bayaz. "Es geht hier nicht nur um Vertrauen der Bevölkerung, sondern auch um Industriepolitik und europäische Souveränität gegenüber chinesischen und US-amerikanischen Bestrebungen."
Ein digitaler Euro könnte es Bürgern erlauben, Geld direkt bei der Zentralbank zu hinterlegen. Diese Möglichkeit steht normalerweise nur gewerblichen Kreditgebern wie Banken, Regierungen und anderen Zentralbanken offen. Einige Experten sehen jedoch die Gefahr, dass dann in Krisenzeiten Bankkunden ihre Ersparnisse fluchtartig von kommerziellen Banken abziehen würden und Notlagen so verstärken.
"Bevor wir die Argumente abwägen und Schlüsse daraus ziehen können, benötigen wir zunächst ein umfassendes Verständnis von Digitalgeld. Dabei müssen wir stets einen offenen Ansatz verfolgen", mahnte Bundesbank-Präsident Jens Weidmann vor Kurzem bei einer Tagung. "Auf jeden Fall ist die Einführung von Digitalgeld sorgfältig abzuwägen."
Bundesbank-Vorstand Burkhard Balz bekräftigte am Freitag: "Eine Entscheidung für oder gegen digitales Zentralbankgeld ist noch nicht gefallen. Wir müssen die Analyse in den kommenden Monaten vertiefen. Das gilt zum Beispiel auch für die potenziellen Auswirkungen auf die Geldpolitik und das Bankensystem."
(AWP / Dow Jones)
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