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04.05.2020 06:28:00
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Was bezweckt Facebook tatsächlich mit der Kryptowährung Libra
Mit Libra will Facebook eine weltweit gültige Digitalwährung etablieren. Die Gründe für den Vorstoss auf den Kryptowährungsmarkt werden von vielen Beobachtern unterschiedlich interpretiert.
• Libra dürfte insbesondere als Wachstumstreiber und Einnahmengarant fungieren
• Positive gesellschaftliche Auswirkungen als Nebeneffekt
Der Internetriese Facebook will mit seiner eigenen Kryptowährung Libra den Digitalwährungsmarkt aufmischen. Doch viele Experten nehmen dem Konzern seine selbstlosen Motive nicht ab.
Regulierer reagieren viel früher als bei Bitcoin & Co.
Als der Internetkonzern Facebook ankündigte, mit Libra seine eigene Kryptowährung auf den Markt bringen zu wollen, löste dies unter Kryptowährungsanhängern Hochstimmung aus. Doch die gute Laune hielt nicht lange, denn bereits nach kurzer Zeit meldeten sich zahlreiche Regulierer zu Wort, die als Stimmungskiller fungierten. Nicht nur Datenschützer und Finanzminister, auch Zentralbanken haben sich zeitnah kritisch zu den Facebook-Plänen geäußert.
Die weltgrößte Kryptowährung Bitcoin wurde hingegen von den Regulierungsbehörden lange Zeit als Nischenprodukt abgetan und belächelt - erst mit dem Kryptohype im Jahr 2017, der Bitcoin und Co. in seitdem nicht mehr erreichte Rekordhöhen katapultierte, wurden auch Regulierer weltweit aufmerksam und diskutierten Maßnahmen, den digitalen Coin an die Kette zu legen.
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Sorge um Angriff auf etabliertes Geldsystem
Diesen Fehler will man bei Libra nun offenbar nicht wiederholen - und nimmt Facebooks Kryptoprojekt bereits in der Planungsphase massiv ins Visier. Denn erstmals ist es ein privates Unternehmen, das mit einem Produkt zur Konkurrenz für etablierte und souveräne Währungen zu werden droht. Die Kritik an den Facebook-Plänen war so überwältigend, dass zwischenzeitlich sogar das Unternehmen selbst Zweifel angemeldet hat, ob diese jemals umgesetzt werden könnten. Die Hauptsorge vieler Kritiker, dass Libra zur Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung benutzt werden könnte, ist dabei möglicherweise nur vorgeschoben: Tatsächlich haben zahlreiche Verantwortliche im wirtschaftspolitischen Bereich durchblicken lassen, dass Libra als ernsthafter Konkurrent für das etablierte Geldsystem eingestuft wird. Die Sorge um den Verlust von Einfluss über maßgebliche Teile des Geldsystems treiben die Verantwortlichen dabei offenbar besonders um. Denn mit der Verbreitung im Facebook-Ökosystem, das neben Facebook selbst unter anderem Instagram und Whatsapp umfasst, hätte Libra auf einen Schlag mehrere Milliarden potenzielle Nutzer - das staatliche Geldmonopol könnte zumindest ins Wanken geraten. Und auch Zentralbanken könnten in den geldpolitischen Möglichkeiten ihrer Einflussnahme auf das Geldsystem deutlich eingeschränkt werden, wenn eine weit verbreitete Kryptowährung eines Privatkonzerns im Umlauf ist.
Was hat Facebook mit Libra wirklich vor?
Doch ob Facebook mit Libra einen Umsturz des etablierten Finanzsystems plant, bleibt zumindest fraglich. Nach der massiven Kritik, die dem Unternehmen nach Veröffentlichung der Libra-Pläne entgegen geschlagen war, hatten die Verantwortlichen des US-Internetriesen zurückgerudert und Entgegenkommen signalisiert. Alle Bedenken gegen Libra wolle man vor der Einführung vollumfänglich ausräumen, war zu hören. Die Angst, dass Facebook das etablierte Geldsystem angreifen wolle, nennt Facebook zudem unbegründet. Man habe nicht vor, mit nationalen Währungen zu konkurrieren und auch auf die Geldpolitik wolle man mit Libra keinen Einfluss nehmen, betonte etwa David Marcus, der bei Facebook für das Kryptoprojekt zuständig ist.
Stattdessen verweist das Unternehmen darauf, dass mit Krypto Millionen Menschen weltweit, die bislang nicht über ein Bankkonto verfügten, Zugang zu bargeldlosem Zahlungsverkehr erhielten. Das durchaus hehre Motiv zweifeln viele Beobachter aber an. Denn Facebook als börsennotierter, milliardenschwerer Konzern ist in erster Linie wohl wirtschaftlichen Interessen verpflichtet. Mit einem potenziellen Kundenpool von mehreren Milliarden Menschen hätte Facebook auf einen Schlag mehr Kunden als etablierte Bankinstitute - und das, ohne allzu großen finanziellen Aufwand betreiben zu müssen: "Es ist ja ein großartiges Geschäftsmodell von Facebook. Sie produzieren diese Libra-Tokens, das kostet sie nichts, und verkaufen die gegen gutes Geld. Was will man denn mehr haben als Geschäftsidee, dass ich was völlig Wertloses gegen gutes Geld verkaufe", kritisierte jüngst der Ökonom Peter Bofinger.
Libra-Boost für Facebooks Anzeigengeschäft
Tatsächlich würde die Libra Association, eine eigens für diesen Zweck gegründete Nichtregierungsorganisation mit Sitz in der Schweiz, der neben Facebook unter anderem die Kreditkartenanbieter MasterCard und Visa sowie der Zahlungsdienstleister PayPal und der Fahrdienstvermittler Uber angehören, gut daran verdienen, wenn Libra eine weite Verbreitung erfahren würde. Zusätzliche Einnahmen sind insbesondere durch Zinsrenditen zu erwarten - die je nach Höhe der Einlagen unterschiedlich hoch ausfallen könnten. Darüber hinaus hat Facebook mit Calibra eine hauseigene Libra-Wallet an den Start gebracht, mit der der Einstieg in die Libra-Zahlungswelt schnell und unkompliziert vonstattengehen soll. Auch hier würde Facebook wieder Geld verdienen, denn bei jeder Transaktion würden wohl Gebühren fällig. Auch Werbeeinnahmen - die wichtigste Einnahmequelle von Facebook - werden mit der Verbreitung von Libra wohl weiter steigen. Denn Facebook hält Nutzer mit der Zahlungsoption innerhalb des eigenen Ökosystems - was Werbekunden wohl zu schätzen wissen dürften. Auch für Händler würde Facebook zunehmend attraktiver, wenn mithilfe von Libra sichergestellt werden könnte, dass sich potenzielle Kunden länger auf den Facebook-Plattformen aufhalten. Werbung auf Facebook, Instagram und künftig wohl auch bei Whatsapp dürfte vor diesem Hintergrund ungleich attraktiver werden und Facebook sprudelnde Einnahmen garantieren.
Positive Nebeneffekte inklusive
Dass Facebook mit seinen Libra-Plänen vorrangig das eigene Geschäft ankurbeln will, sehen aber nicht alle Experten per se negativ. "Sicher ist Facebook ein gewinnorientiertes Unternehmen und wird alles daransetzen, um mit Hilfe von Libra auch seine Gewinne zu erhöhen. Das ist richtig. Aber das marktwirtschaftliche System funktioniert ja in der Regel so, dass Unternehmen ihre Gewinne maximieren und trotzdem - als erstaunlich positiver Nebeneffekt - auch gesellschaftlicher Nutzen daraus entstehen kann", erklärte zuletzt Dr. Cyrus de la Rubia der seit 2012 Chefvolkswirt der Hamburg Commercial Bank ist, im Interview mit dem Deutschlandfunk Kultur.
Ein entscheidender Nebeneffekt sei in diesem Zusammenhang, "dass der Zugang zu Finanzen Menschen gewährt wird, die das in einem normalen Umfeld einfach nicht haben", so de la Rubia weiter. Facebook könnte sein formuliertes Ziel, nämlich Finanzdienstleistungen für viele Menschen zugänglich zu machen, auch wenn sie kein Bankkonto besitzen, also durchaus erreichen - wenn auch wirtschaftliche Interessen wohl der ursächliche Treiber für die Libra-Pläne gewesen sein dürften.
Redaktion finanzen.ch
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